Der Vorstand

Der Vorstand 2019-2021 wurde am 25. Mai 2019 auf der Mitgliederversammlung in Leipzig gewählt:

Johanna Leidel (Vorsitzende, Schatzmeisterin), Saalfeld
Constanze Zahm  (stellv. Vorsitzender), Dresden
Sylvia Maus (stellv. Vorsitzende), Dresden
Steve Biedermann, Jena  
Sarah Duryea, Erfurt
Franziska Sandt, Jena
Martin Schunk, Leipzig
Julius Schüler, Magdeburg
Josephin Winkler, Magdeburg

Martin Hock (assoziiert), Dresden

 
Wir danken folgenden ehemaligen Vorstandsmitgliedern und kooptierten Mitgliedern für ihr Engagement:

Kai Ahlborn,  Fabian Beigang, Jens Boysen, Paul Fabel, Markus Franke, Nils Geißler, Heidrun Gross, Albrecht Horn, Axel Hübner, Frank Kaltofen, Franziska Knur, Andreas Lange, Ann-Christine Niepelt, Dorothea Prell, Hendrik Raith, Tina Roeder, Patrick Rosenow,  Alexander Schwarz, Frank Selbmann, Christian Stock, Silvester Tamás und Antje Urban

Welche Bedeutung haben die Vereinten Nationen für Dich auf lokaler und regionaler Ebene?

In Blickpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen die Vereinten Nationen zumeist nur durch die Konflikte im Sicherheitsrat und seine oft zum Scheitern verurteilten Resolutionen zu den großen Konflikten unserer Zeit. Doch die VN sind so viel mehr als nur der Sicherheitsrat oder die Generalversammlung. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben es gezeigt: weit entfernte Konflikte und Krisen finden früher oder später ihren Weg vor unsere Haustür. 
Meine Beschäftigung mit der VN-Thematik während des Studiums und in meiner Zeit im Landesverband der DGVN hat mir neue Perspektiven aufgezeigt, mir meine Verantwortung als‚ global citizen‘ und die Komplexität, Vernetzung und Interdependenz unserer globalisierten Welt vor Augen geführt, in der ich persönlich Verantwortung übernehmen muss und kann. Die VN-Charta beginnt mit „Wir die Völker“, nicht mit „wir die Staaten“. Nicht der nationalstaatliche Gedanke, sondern die Menschen stehen von Beginn an bei der Arbeit der VN im Vordergrund. Die VN bieten uns ein Forum, das auf gemeinsamen Werten beruht, das jedem die gleichen Menschenrechte zugesteht. Seit meiner Zeit bei Model UN und der nachfolgenden Beschäftigung mit der DGVN auf regionaler Ebene habe ich gelernt, dass die Vereinten Nationen genau das sind und leisten, was man aus und mit ihnen macht. Heute mehr noch als je zuvor zeigen sie uns, dass es wichtig und möglich ist, international zu denken und zu handeln, sich als Teil einer Weltgemeinschaft zu verstehen. Regionalkonflikte bleiben nicht regional begrenzt, sondern werden zu globalen Krisen. Flucht vor Armut, Hunger, Dürre, Terror – die Flüchtlingsbewegungen der letzten Jahre aus dem Nahen Osten und vom afrikanischen Kontinent zeigen eindrücklich, dass bilaterale Lösungsversuche scheitern, nur die gemeinsame Zusammenarbeit kann Hilfe bringen. Selbst im Lokalen können die Vereinten Nationen beispielsweise im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung oder mithilfe internationaler Kontrollmechanismen für multinationale Unternehmen Lösungs- und Handlungsansätze aufzeigen und vermitteln.

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren?

Ich bin über mein Studium der Politikwissenschaft zur DGVN gekommen und seit 2005 Mitglied, seit 2009 auch im Landesvorstand. Die DGVN war für mich eine Möglichkeit, neue Einblicke in die Arbeit der VN zu gewinnen und auf regionaler Ebene zu versuchen, internationale Politik greifbarer zu machen. Mittlerweile sehe ich die Arbeit im Landesverband als Möglichkeit meinen Teil dazu beizutragen, die Prinzipien der Internationalität und des Völkerverständigungsgedankens interessierten und offenen Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen näher zu bringen. Die Fluchtbewegungen der vergangenen Jahre und die mit ihr verbundenen, in unserer Gesellschaft offen zu Tage tretenden Konflikte haben gezeigt, wie wichtig es ist, den informierten Dialog anzubieten und das Wissen über die multilaterale Arbeit der Weltorganisation besonders auch an Schüler und Studenten zu vermitteln, unseren nächsten Generationen. Denn die Stärken und Schwächen der VN sind ultimativ auch die Stärken und Schwächen eines jeden Einzelnen – wer sich abkapselt und sich den Entwicklungen verweigert, kommt nicht weiter und steht letztendlich ärmer und isolierter da. Es gibt keine Alternative zu mehr Zusammenarbeit. Wir können nicht wegschauen und hoffen, dass sich Probleme wieder von allein geben. In der Arbeit im Landesverband habe ich Gleichgesinnte gefunden, mit denen es Spaß macht, diese Dinge gemeinsam zu diskutieren und das Wissen über die Arbeit der VN „unters Volk zu bringen“.

Welches Ziel der Agenda 2030 ist Deiner Meinung nach das wichtigste? Machst Du heute Dinge anders, weil Dir die SDGs wichtig sind?

Die Agenda 30 ist aus dem Bewusstsein heraus entstanden, dass die Zukunft unseres Planeten und der Fortbestand der Menschheit auf mehreren Säulen aufbaut, die es gilt zu schützen und zu stärken und es an jedem Einzelnen liegt, einen Beitrag dazu zu leisten. Die Ziele zwei, sechs, zwölf, dreizehn und vierzehn liegen mir besonders am Herzen, repräsentieren sie für mich doch Alltägliches mit Anknüpfungspunkten über den eigenen Tellerrand hinaus. Das Bewusstsein darüber, was ich konsumiere und woher es kommt, welche Auswirkungen die Produktion von Gütern und Lebensmitteln auf Mensch, Tier, Umwelt hat, hat mittlerweile einen großen Stellenwert bei mir eingenommen und ich versuche mich dementsprechend zu verhalten, beispielsweise durch Mülltrennung und -vermeidung, Ressourcenschonung (Wasser, Strom etc.), pflanzenbasierte Ernährung.

Die Vereinten Nationen sind auch viel Kritik ausgesetzt, denn ihnen werden oft Handlungsunfähigkeit und zu viele bürokratische Hürden vorgeworfen. Warum denkst Du, sind die Vereinten Nationen dennoch wichtig in der heutigen Zeit?

Geht man von der üblichen Berichterstattung aus haben die VN an Bedeutung verloren. Die Vetomächte China, Russland und die USA blockieren immer wieder wichtige Entscheidungen im Sicherheitsrat oder untergraben – wie mit dem Austritt der USA aus dem Menschenrechtsrat oder der UNESCO – das Ansehen und die Wirkkraft der Weltorganisation.
Dabei ist die Arbeit ihrer Unter- und Sonderorganisationen heute wichtiger und komplexer als je zuvor. Ob beim Klimaschutz, der Eindämmung von Krankheiten und Seuchen, der Terrorismusbekämpfung oder der Bewältigung der weltweiten Flüchtlingskrisen – globale Krisen mit regionaler Wirkung oder regionale Krisen mit globaler Wirkung – sie können nicht von einem Staat allein gelöst, sondern nur noch gemeinsam bewältigt werden.
Die Vereinten Nationen haben in den vergangen Jahrzehnten mit Hilfe von beispielsweise WHO, UNHCR oder Unicef Millionen von Menschen vor Krankheit, Konflikt oder Hunger gerettet. So sehr man sie auf der großen politischen Bühne als zahnlosen Tiger darstellen will, so oft vergisst, welche katastrophalen Auswirkungen ihr Wegbleiben hätte. In der Vergangenheit war es diese Plattform, die es ermöglichte, Krisen und Konflikte wie in Kambodscha, auf Zypern, in Osttimor abzuwenden. Aber es war auch diese Organisation, die in Ruanda scheiterte, die für den Oil-for-Food-Skandal verantwortlich zeichnet und die droht, sich in einem Bürokratie-Konstrukt zu verfangen. Die VN sind ihre Mitgliedsstaaten, und somit von den guten und schlechten Entscheidungen dieser abhängig.
Kritiker werfen den VN gerne vor, ihrem Ziel des Weltfriedens nicht ein Stückchen näher gekommen zu sein. Der zweite VN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld meinte dazu schon in den  1950er Jahren passend: Die Vereinten Nationen wurden nicht ins Leben gerufen, um die Menschheit in den Himmel zu führen, sondern um sie vor der Hölle zu retten. Oder, wie es in der VN-Charta steht, um „künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren“. Dazu sind auch heute noch der politische Wille und die Einsicht gefragt, zu erkennen, dass Stabilität und Sicherheit nie definitiv sind und immer wieder neu errungen werden müssen. Und das kann kein Land alleine schaffen.
Ich beschreibe meine Sicht auf die Arbeit der Vereinten Nationen als zuversichtlichen Pragmatismus. Seit meiner Zeit bei Model UN und der nachfolgenden Beschäftigung mit der DGVN auf regionaler Ebene habe ich gelernt, dass die Vereinten Nationen so viel oder wenig können, wie man ihnen zugesteht. Sie sind relevant und irrelevant. Sie sind in einem Zeitalter von Globalisierung und Interdependenz die wichtigste global agierende Institution. Sie befinden sind aber auch nach wie vor in einem selbst geschaffenen politischen Konstrukt, das eher die Nachkriegszeit 1945 verkörpert als das Jahr 2018 in angemessener Weise vertritt.
Den Vereinten Nationen muss es – auch strukturell – gelingen, die heutigen Gegebenheiten darzustellen und umzusetzen. Gelingt dies nicht, laufen sie Gefahr, irrelevant zu werden.

Es gibt Stimmen, die zu weniger globaler Vernetzung und Zusammenarbeit aufrufen und die Bedeutung von Nationalstaaten und bilateralen Vereinbarungen betonen. Die Vereinten Nationen sind jedoch ein wichtiger Akteur des Multilateralismus. Wie sollten die Vereinten Nationen auf diese Stimmen reagieren und inwiefern muss die Organisation sich den aktuellen Begebenheiten anpassen, um relevant zu bleiben?

Die UNO Vollversammlung ist der Versuch einer Weltgemeinschaft, die Verkörperung des Glaubens daran, dass alle Völker miteinander auskommen können, als eine ‚family of nations‘, die sich ihrer geteilten Verantwortung bewusst sind. Sie geben verschiedenen – auch gegensätzlichen – Stimmen ein Forum zum Austausch und zur Verständigung. Viele Akteure spielen neben den Regierungen in der heutigen Zeit bei der Problembewältigung eine wichtige Rolle – der privater Sektor, die Zivilgesellschaft und nicht-staatliche Netzwerke. Angesichts der globalen Herausforderungen – der Umweltzerstörung, der Verbreitung von Infektionskrankheiten, der Proliferation, dem Terrorismus – stellen die VN die beste existierende Plattform dar, um eine internationale Rechts- und Wertegemeinschaft zu gestalten. Und am Ende ist die Investition in die Völkerzusammenarbeit eine Investition in den eigenen Nationalstaat und dessen Sicherheit und nachhaltige Entwicklung.
Die VN haben eine Zukunft, aber sie müssen sich innovativ an die neuen weltpolitischen Gegebenheiten anpassen, um zu bestehen.
Themen wie die Sicherheitsratsreform oder die bessere Ausstattung der Blauhelmsoldaten zeigen, welche großen Umstrukturierungsaufgaben der Organisation zwangsläufig bevorstehen, wenn sie als glaubwürdiger und verlässlicher Akteur wahrgenommen werden und den Herausforderungen des 21. Jahrhundert gewachsen sein will.

Welche Themen sind Dir besonders wichtig für Deutschlands Nicht-Ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat 2019/2020?

 Deutschland steht in den letzten Jahren verstärkt im Blick der Weltöffentlichkeit als Hoffnungsträger auf diplomatischem Parkett. Die Erwartungen für die zweijährige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat sind groß. Deutschland hat in der Außen- und Sicherheitspolitik aber auch in entwicklungspolitischer Hinsicht in den letzten Jahren neue Aufgaben und Verantwortung übernommen.
Frieden, Gerechtigkeit, Innovation und Partnerschaft sind die vier Säulen, auf denen die Arbeit der Bundesregierung im Sicherheitsrat aufgebaut werden soll. Die Bundesregierung darf sich dabei nicht wegducken, sondern muss sich auch bei unbequemen Themen aktiv einsetzen und sich als Vermittler zwischen den permanenten Fünf für die Lösung von Konflikten in der Ukraine, in Syrien, im Jemen und als Anwalt im Kampf für Menschenrechte und den Schutz des Weltklimas einsetzen. Keine kleinen Aufgaben und zwei Jahre sind dafür natürlich nicht genug. Doch die Bundesregierung sollte diese Chance nutzen, zu zeigen, dass man in der Lage ist, auf Augenhöhe in der multilateralen Sicherheitspolitik zu agieren. Angesichts der heutigen gegensätzlichen weltweiten Entwicklungen von Zusammenrücken einerseits und Abgrenzung andererseits ist ein verlässlicher Brückenbauer wichtiger denn je.

Die Vereinten Nationen engagieren sich insbesondere auch für Kinder und junge Erwachsene bspw. durch UNICEF aber auch UNESCO. Die DGVN bietet Projekte für Kinder und junge Erwachsene an wie z.B. UN im Klassenzimmer. Warum denkst Du, ist die Bildung von jungen Menschen den Vereinten Nationen besonders wichtig und warum engagiert sich die DGVN auch auf lokaler und regionaler Ebene dafür?

Schulen und Universitäten bieten für unsere Arbeit im Landesverband die besten Anknüpfungspunkte aktiv Bildungsarbeit und Jugendförderung zu betreiben und den jungen Menschen diese Internationale Organisation greifbarer zu machen. Für viele sind die VN ein fernes Konstrukt, welches nicht mit ihrer alltäglichen Lebenswelt in Kontakt zu kommen scheint. Mit Aktionen wie UN im Klassenzimmer oder dem Dresdner Tag der Vereinten Nationen versuchen wir, Jugendliche und Studenten, und generell die breite Öffentlichkeit für die verschiedensten VN-Themenkomplexe zu interessieren. Themen wie sichere Entwicklung, Recht auf Bildung, bessere Partizipation, Anerkennung von Minderheiten und nachhaltige Entwicklung gehen uns alle an und der Idealismus und Tatendrang der Jugend und ihr Wunsch nach Beteiligung bereichern den politischen Entscheidungsprozess.

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren? 

Während meines Studiums der Internationalen Beziehungen an der TU Dresden habe ich mich intensiv mit den Zielen und der Arbeitsweise der Vereinten Nationen auseinandergesetzt. Das hat mein Interesse geweckt und mich nicht mehr losgelassen: die Vereinten Nationen stehen bis heute im Zentrum meiner beruflichen Tätigkeit. Während des Studiums habe ich von den unterschiedlichen Veranstaltungsangeboten der DGVN profitiert, ein Highlight war sicherlich die Teilnahme an der Studienreise für DGVN-Mitglieder nach Timor-Leste. Ich finde es wichtig, die zahlreichen Facetten der Vereinten Nationen auch über die Grenzen des Hörsaals möglichst vielen Menschen näherzubringen, deswegen engagiere ich mich seit Gründung des LV bei der DGVN, seit 2017 nun auch im Vorstand. Mir gefallen die persönliche Atmosphäre in unserem Landesverband, die flachen Hierarchien und der große Gestaltungsspielraum, den wir in unserer Arbeit haben. Veranstaltungen wie der UN Tag in Dresden, den wir jährlich um den „Geburtstag“ der Vereinten Nationen am 24.10. mit einigen Partnerinstitutionen organisieren und der die Vereinten Nationen für die Bürgerinnen und Bürger greifbar und erfahrbar machen sollen, sind mir dabei ein besonderes Anliegen. Insbesondere in Sachsen erscheint es mir wichtig, die Anliegen der Vereinten Nationen – internationale friedliche Zusammenarbeit, Bekämpfung der Armut, Schutz des Klimas, Förderung der Geschlechtergerechtigkeit sowie Wahrung der Menschenrechte, um nur einige zu nennen – in den Köpfen und Herzen der Menschen zu verankern. Die Vereinten Nationen, das sind nicht nur „die da oben“ oder „die in New York“, sondern das sind wir alle, „we, the people“, wie es in der Charta der Vereinten Nationen steht.

Welches Ziel der Agenda 2030 ist Deiner Meinung nach das wichtigste? Machst Du heute Dinge anders, weil Dir die SDGs wichtig sind?

Die 17 Ziele der Agenda 2030, die „Sustainable Development Goals“ (SDGs) hängen eng miteinander zusammen; es ist schwer, da ein einziges Ziel herauszupicken. Ziel 5, Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen, und Ziel 4, inklusive, gerechte und hochwertige Bildung für alle, halte ich persönlich für sehr wichtig. Hier haben bereits kleine Veränderungen große Auswirkungen und mit der Ausbildung und Förderungen von Mädchen und Jungen in aller Welt legen wir den Grundstein für eine friedlichere und nachhaltigere Zukunft. Aber auch Ziel 11, nachhaltige Städte und Gemeinden, betrifft uns in unserem täglichen Leben unmittelbar. In einer Zeit, in der mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten oder urbanen Zentren lebt, ist es unabdingbar, eine nachhaltige Lebensweise dort zu ermöglichen und Planungs- und Entwicklungsprozesse partizipativ und inklusiv zu gestalten.
In der Vorbereitung unserer gerade zu Ende gegangenen Facebook-Kampagne zu den SDGs haben wir versucht, die Bezüge für jeden einzelnen, auch auf lokaler und regionaler Ebene besonders hervorzuheben. Dabei habe wurde mir erneut klar, wie viel mit der eigenen Einstellung, mit unseren täglichen Kauf- und Konsumentscheidungen und unserem Verhalten in Bezug auf einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen (Lebensmittel, Wasser, Umwelt, Energie) zu erreichen ist. Das ist ja auch das tolle – und fortschrittliche – an den SDGs: im Gegensatz zu den Millenniumsentwicklungszielen, welche die Entwicklungsländer im Blick hatten, gehen die SGDs uns alle an. Jedes Land, egal ob arm oder reich, und jeder Mensch kann seinen Beitrag leisten und im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten zur Erreichung der Ziele beitragen.

Die Vereinten Nationen sind auch viel Kritik ausgesetzt, denn ihnen werden oft Handlungsunfähigkeit und zu viele bürokratische Hürden vorgeworfen. Warum denkst Du, sind die Vereinten Nationen dennoch wichtig in der heutigen Zeit?

“More than ever before in human history, we share a common destiny. We can master it only if we face it together. And that, my friends, is why we have the United Nations.”
Diesen Worten von Kofi Annan, dem kürzlich verstorbenen ehemaligen UN-Generalsekretär vom Dezember 1999 ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Es steht außer Frage, dass die Vereinten Nationen als Organisation vor großen Herausforderungen stehen und mit vielfältigen Problemen zu kämpfen haben. Das betrifft nicht nur den schwindenden Glauben an die Bedeutung des Multilateralismus einiger Staaten, sondern auch interne Schwächen wie veraltete Strukturen und mangelnde Reformfähigkeit. Dennoch ist und bleiben die Vereinten Nationen die einzige universelle internationale Organisation, in der buchstäblich alle Staaten der Erde zusammenkommen und versuchen, sich den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Der Klimawandel und die übermäßige Ausbeutung von Ressourcen, globale Flüchtlings- und Migrationsbewegungen sowie Friedensbedrohungen aller Art manchen nicht vor Ländergrenzen halt. Sie sind daher auch nicht innerhalb der Grenzen einzelner Staaten zu lösen, auch wenn sich das so manch einer wünschen würde. Die Arbeit der Vereinten Nationen mit ihren zahlreichen Sonderorganisationen erschöpft sich nicht im (mehr oder weniger erfolgreichen) Krisenmanagement des Sicherheitsrats. Sie ist oft dort am erfolgreichsten und wichtigsten, wo sie die Menschen direkt erreicht: bei der Bereitstellung des Allernötigsten in Flüchtlingscamps und nach Naturkatastrophen durch das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen und dem Welternährungsprogramm, bei der Bekämpfung von Seuchen wie Ebola durch die Weltgesundheitsorganisation oder dem Einsatz für Bildung alle durch die UNESCO. All dies trägt dazu bei, die Ziele der Vereinten Nationen – Frieden, Entwicklung und der Verwirklichung der Menschenrechte – zu erreichen. Dazu brauchen wir die Vereinten Nationen.

Welche Themen sind Dir besonders wichtig für Deutschlands Nicht-Ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat 2019/2020?

Deutschland ist hat sich mir vier Kernanliegen um den Nicht-Ständigen Sitz im Sicherheitsrat beworben: Frieden, Gerechtigkeit, Innovation, Partnerschaft. Die erfolgreiche Wahl scheint zu zeigen, dass die Staatengemeinschaft den Einsatz Deutschlands für diese Ziele zutraut. Nun gilt es, zu liefern: während aus der letzten Amtszeit Deutschlands vor allem die Enthaltung bei der Abstimmung über eine militärische Intervention in Libyen 2011 in Erinnerung geblieben ist, wünsche ich mir für die kommende Mitgliedschaft mehr Haltung – in Bezug auf die Einhaltung des Völkerrechts, Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und vor allem die Achtung und Durchsetzung der Menschenrechte, von Seiten der Staaten aber auch durch die Vereinten Nationen selbst, zum Beispiel im Rahmen von Friedensmissionen. Hier könnte Deutschland Impulse für Reformen setzen. Darüber hinaus sehe ich Deutschlands Potentiale im Zusammenhang mit sogenannten „weichen“ Themen wie Klima, Nachhaltigkeit, Bildung, Gerechtigkeit etc. Ihr Beitrag zu Frieden und Sicherheit ist unbestritten und ich würde mir wünschen, dass diese Themen stärker als bisher in den Fokus des Sicherheitsrats rücken, um auf Konflikte nicht nur zu reagieren, sondern in einem Präventionsansatz ihren Ausbruch möglichst zu verhindern.

Welches Problem sollten die Vereinten stärker in den Blick nehmen und wie kannst Du Dich über die DGVN dafür einsetzen?

„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“ – so heißt es in der Verfassung der UNESCO, der Sonderorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen. 
Die Verankerung des Friedens und der Bedeutung von internationaler Zusammenarbeit im Geist der Menschen beginnt meiner Ansicht nach bereits bei Kindern und Jugendlichen. Wir müssen aber auch versuchen, alle Bürgerinnen und Bürger dort abzuholen, wo sie gerade stehen, um Ihnen die Arbeit der Vereinten Nationen näher zu bringen. 
Nationalismus und Unilateralismus dürfen nicht „in“ sein, sie sollten nicht als vielversprechende Alternative zur Kooperation und Multilateralismus locken. Das Programm „UN im Klassenzimmer“, welches die DGVN zusammen mit engagierten ehrenamtlichen Teamerinnen und Teamern seit einigen Jahren erfolgreich für Schulklassen anbietet, lässt Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Planspiels aktiv erleben, was es heißt, am Verhandlungstisch um Lösungen und Kompromissen zu ringen. Die Kreativität und das Engagement vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer überrascht und erfreut mich dabei immer wieder. Ich werde mich daher zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen weiter dafür einsetzen, das Projekt an möglichst vielen Schulen im Gebiet des Landesverbandes bekannt zu machen und darüber hinaus die Schulprojekte als festen Bestandteil des „UN Tag in Dresden“ zu etablieren. 

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren?

Durch mein ehrenamtliches Engagement hoffe ich, vielen Menschen die Arbeit der Vereinten Nationen sichtbar zu machen. Die gefühlte Wahrheit der Menschen über die UN scheint häufig zu sein: Funktioniert nicht wegen des Sicherheitsrats mit den fünf sogenannten Vetomächten, weil es keine verbindlichen Regelungen gibt und weil die Staaten sowieso nur ihre eigenen Interessen verfolgen. Was ich meine: Die Wahrnehmung ist häufig selektiv und es gibt viele Vorurteile, die so in ihrer Absolutheit nicht stimmen. Die UN tut so viel, auf ganz unterschiedlichen Ebenen und in allen Themenbereichen – das möchte ich den Menschen zeigen. Daran anknüpfend ist es aus meiner Sicht auch wichtig, einen kritischen Diskurs zu führen. Auch darin sehe ich eine wichtige Aufgabe der DGVN und unseres Landesverbands. 
Darüber hinaus bedürfen gerade die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) eine regionale und lokale Umsetzung, was wiederum voraussetzt, dass die Menschen mehr darüber erfahren müssen, um selbst aktiv werden zu können.

Die Vereinten Nationen sind auch viel Kritik ausgesetzt, denn ihnen werden oft Handlungsunfähigkeit und zu viele bürokratische Hürden vorgeworfen. Warum denkst Du, sind die Vereinten Nationen dennoch wichtig in der heutigen Zeit?

Hierauf gibt es meiner Ansicht nach eine kurze Antwort: Weil wir keine Alternative haben. Die Vereinten Nationen ist die einzige Organisation, die sich der Lösung globaler Probleme annimmt und gleichzeitig so viele Mitgliedstaaten vereint. Sie funktioniert, ist dabei aber eben so konstruiert, dass sie auf die Mitgliedstaaten angewiesen ist. An Stellen, wo sie Schwächen hat, trägt die kritische Auseinandersetzung – so hoffe ich – langfristig zu einer Verbesserung bei. 

Gerade beginnen die Verhandlungen über ein Abkommen über den Hochseeschutz, deren Abschluss 2020 erwartet wird. Bisher sind nur vier Prozent der Meere geschützt – Forscher fordern, es sollen mindestens 30 Prozent werden. Hier geht es u.a. um den Schutz der Umwelt, die Erhaltung Artenvielfalt, aber auch um die gerechte Verteilung von Ressourcen. Sicher werden die Verhandlungen wegen der unterschiedlichen nationalen Interessen der Staaten schwierig und es werden Kompromisse nötig sein, aber am Ende steht hoffentlich ein Abkommen, an das sich die Staaten gebunden fühlen und halten werden. Ohne die Vereinten Nationen gäbe es keinen globalen Rahmen für solche Verhandlungen und wahrscheinlich nur regionale Vereinbarungen, die in ihrer Wirksamkeit begrenzt bleiben würden.

Die Vereinten Nationen engagieren sich insbesondere auch für Kinder und junge Erwachsene bspw. durch UNICEF aber auch UNESCO. Die DGVN bietet Projekte für Kinder und junge Erwachsene an wie z.B. UN im Klassenzimmer. Warum denkst Du, ist die Bildung von jungen Menschen den Vereinten Nationen besonders wichtig und warum engagiert sich die DGVN auch auf lokaler und regionaler Ebene dafür?

Bildung ist aus meiner Sicht eines der wichtigsten und grundlegendsten Elemente unserer Gesellschaft. Die Welt ist komplex und diese Komplexität gilt es zu verstehen. Wissensvermittlung ist dafür unabdingbar. In diesem Zusammenhang ist es eben auch wichtig, die von den Vereinten Nationen vertretenen Werte wie bspw. Frieden, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung zu vermitteln. Jungen Menschen zu zeigen, wie wichtig es ist, auf der ganzen Welt gemeinsame Strategien zu entwickeln und über den eigenen Tellerrand zu schauen, ist mir besonders wichtig. Bei „UN im Klassenzimmer“ lernen die Jugendlichen die VN und ihre Funktionsweise spielerisch kennen. Dabei wird meistens auch schnell sichtbar, weshalb es eben nicht immer ganz einfach ist, gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren?

Zunächst möchte ich mit Hilfe des Landesverbandes das Bewusstsein für die Vereinten Nationen und ihre Ziele im lokalen und regionalen Umfeld stärken. Weiterhin ist es mir als Lehrbeauftragte wichtig, den Studenten eine Plattform zu zeigen, in der sie sich engagieren können. Hierzu wäre der erste Schritt die Neugründung einer DGVN-Hochschulgruppe in Jena. Diese kann Studenten den Diskurs über die Vereinten Nationen ermöglichen, ihnen durch Fachbeiträge unterschiedliche Blickwinkel aufzeigen und zum Finden möglicher Lösungs- und Entwicklungsansätze anregen. Es erscheint mir zentral, anderen Menschen die Angst vor dem eigenen Engagement zu nehmen – Kritik allein bringt keine Veränderung mit sich und durch gemeinschaftliches Engagement kann man viel erreichen.

Welche Themen sind Dir besonders wichtig für Deutschlands Nicht-Ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat 2019/2020?

Denkt man beispielsweise an das Missverhältnis hinsichtlich der immensen weltweiten Militärausgaben und dem geringen Budget für UN-Friedensoperationen, erscheint es mir zentral, die Vereinten Nationen und ihre Bedeutung für die internationale Sicherheit künftig wieder in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu rufen und weiterhin zu stärken. Der deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen sprach weiterhin unlängst davon, dass Deutschland seine Schwerpunkte hinsichtlich eines erweiterten Sicherheitsbegriffes und Krisenprävention setzen möchte. Auch aufgrund meines eigenen Forschungsvorhabens im Rahmen meiner Dissertation, halte ich diese Ambitionen für sehr engagiert und gleichzeitig besonders wichtig.

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren?

Besonders freue ich mich, dass ich im Rahmen der Arbeit im Landesverband mit Menschen in unserem Gebiet ins Gespräch über die Vereinten Nationen kommen kann. Oftmals habe ich erlebt, dass Bürger und Bürgerinnen denken, dass die Arbeit der Vereinten Nationen keine Auswirkungen auf das Leben der Menschen in beispielsweise Erfurt, Dresden oder Magdeburg hat. Betrachtet man es jedoch genauer, so gibt es einige Punkte der Arbeit der verschiedenen Gremien der Vereinten Nationen, die in der Tat unser tägliches Leben beeinflussen. Aktuell kann man da vor allem auf die Ziele der Agenda 2030 blicken, die eben auch in Deutschland und unserem Landesverbandsgebiet umgesetzt werden.

Die Vereinten Nationen sind auch viel Kritik ausgesetzt, denn ihnen werden oft Handlungsunfähigkeit und zu viele bürokratische Hürden vorgeworfen. Warum denkst Du, sind die Vereinten Nationen dennoch wichtig in der heutigen Zeit?

Ich bin überzeugt, dass es immer wichtig und wertvoll ist, sich mit politischen Konstrukten und Systemen kritisch auseinanderzusetzen. Das muss man auch gar nicht per se als etwas negatives betrachten. Vielmehr ist es wichtig, dass wir in den Dialog treten und somit auch Pauschalaussagen entgegenwirken können, die des Öfteren nur einen geringen Teil eines komplexen Systems wie das der Vereinten Nationen beleuchten. Meiner Meinung nach sind die Vereinten Nationen die beste Plattform, die wir momentan haben. Insbesondere in Zeiten in denen Populismus und Nationalismus in den Vordergrund gerückt werden, sind multilaterale Plattformen, die zahlreiche Menschen und Nationen zusammenbringen, von hoher Bedeutung. Bedarf es Reformen innerhalb der Vereinten Nationen? Definitiv! Sollte man die gesamte Organisation und somit alles durch sie Errungene deshalb ablehnen? Nein. Wir brauchen mehr Dialog, mehr Diskurs und weniger Denken in Kategorien, um die Weltgemeinschaft (wieder) einander näherzubringen. Meines Erachtens sind die Vereinten Nationen prädestiniert, eben genau dies zu schaffen – wenn sie gewillt sind, sich mit den Zeiten zu entwickeln. 

Die Vereinten Nationen engagieren sich insbesondere auch für Kinder und junge Erwachsene bspw. durch UNICEF aber auch UNESCO. Die DGVN bietet Projekte für Kinder und junge Erwachsene an wie z.B. UN im Klassenzimmer. Warum denkst Du, ist die Bildung von jungen Menschen den Vereinten Nationen besonders wichtig und warum engagiert sich die DGVN auch auf lokaler und regionaler Ebene dafür?

Wie kann man die Zukunft unseres Landes und der Welt besser gestalten, als mit den Erwachsenen von Morgen ins Gespräch zu kommen? So einfach es jedoch klingt, so schwierig ist es dann doch manchmal. Jungen Erwachsenen wird häufig Politikverdrossenheit vorgeworfen. Ich habe dies jedoch in zahlreichen Schulbesuchen anders erlebt. Die jungen Erwachsenen haben großes Interesse an politischen Prozessen und möchten verstehen, weshalb die Welt so ist, wie sie ist. Insbesondere Kinderarmut, Schul- und Klimapolitik und das Leben von Kindern in Konfliktzonen sind für junge Erwachsene ein großes Anliegen. Projekte wie UN im Klassenzimmer ermöglichen, über den Lehrplan der Schulen hinaus, Kinder an die Hand zu nehmen und ihnen auf weniger komplexe Weise die Welt darzulegen. Man macht es sich zu einfach, wenn man Kindern Politikverdrossenheit nachsagt und damit die Sache abschließt. Es ist unsere Aufgabe und noch viel mehr unsere Verantwortung, den Erwachsenen von Morgen die internationale Politik verständlich zu machen. Wir müssen Wege finden, sie zu motivieren, sich zu engagieren und für ihre Werte und Überzeugungen einzustehen und den Dialog nicht zu scheuen. Schulprojekte wie die der DGVN lehren Kindern nicht, dass ‘A’ richtig und ‘B’ falsch ist, sondern ermutigen sie, sich aktiv mit den globalen Prozessen zu beschäftigen und ihre eigenen Fähig- und Fertigkeiten zu nutzen, um sich ihr eigenes Bild von der Welt zu machen.

Es gibt Stimmen, die zu weniger globaler Vernetzung und Zusammenarbeit aufrufen und die Bedeutung von Nationalstaaten und bilateralen Vereinbarungen betonen. Die Vereinten Nationen sind jedoch ein wichtiger Akteur des Multilateralismus. Wie sollten die Vereinten Nationen auf diese Stimmen reagieren und inwiefern muss die Organisation sich den aktuellen Begebenheiten anpassen, um relevant zu bleiben?

Als Historiker verweise ich immer gerne auf die Anfänge: Aus der Idee geboren, die Welt zusammen zu bringen und vor einem erneuten Weltkrieg zu bewahren, sind die UN als bedeutendste multilateralistische Organisation entstanden. Natürlich lassen sich viele Probleme schneller bilateral lösen. Doch wichtig bleibt für mich die Idee, dass alle Menschen zusammen Ziele verfolgen, welche auch nur mit der Hilfe von allen gelöst werden können – sei es die Verhinderung von Kriegen, der Umweltschutz oder andere Ziele der SDG’s. Wichtig ist hier die Idee, der Diskurs und der Weg, nicht die vollständige Erfüllung von Erwartungen.

Die Vereinten Nationen engagieren sich insbesondere auch für Kinder und junge Erwachsene bspw. durch UNICEF aber auch UNESCO. Die DGVN bietet Projekte für Kinder und junge Erwachsene an wie z.B. UN im Klassenzimmer. Warum denkst Du, ist die Bildung von jungen Menschen den Vereinten Nationen besonders wichtig und warum engagiert sich die DGVN auch auf lokaler und regionaler Ebene dafür? 

Seit mittlerweile zwei Jahren unterstütze ich das UNK-Projekt mit viel Freude als Teamer. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass die UN im regulären Unterricht fast gar nicht behandelt werden, das Interesse der Schüler*innen jedoch immer groß ist. Mit dem Planspiel versuchen wir daher deutlich zu machen, dass andere Länder aufgrund von Geschichte, Kultur, Wirtschaft, natürlichen Gegebenheiten und anderem zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen. Ich glaube, dass die Erfahrung sich selbst einmal in die Rolle eines fremden Politikers eines anderen Staates zu versetzen, früh ein Verständnis für andere Kulturen und weltweite Politik schaffen kann. Gleichzeitig wird hier spielerisch die Arbeitsweise der UN vermittelt. Somit versuche sowohl ich als auch die DGVN im gesamten jungen Menschen die komplexen Strukturen der Welt etwas näher zu bringen und aufzuzeigen, wie spannend aktuelles Geschehen sein kann.

Welches Problem sollten die Vereinten stärker in den Blick nehmen und wie kannst Du Dich über die DGVN dafür einsetzen?

Ein angebliches Hauptproblem der VN ist, dass Solo-Eskapaden, beispielsweise der USA, Israels oder Nordkoreas, als Versagen der gesamten VN gewertet werden. Ich glaube, dass die Stärke der VN immer noch darin liegt, dass die Länder das Recht auf ihre Einzelmeinung und Souveränität haben dürfen. Das Problem liegt daher eher auf einem Image der VN, was bei vielen Menschen im Kopf bleibt – dass eine „Weltregierung“ unfähig ist. Von daher versuche ich gern Aufklärungsarbeit zu leisten: Was sind die Vereinten Nationen, was haben sie bereits geleistet und was ist ihr eigener Anspruch.

Es gibt Stimmen, die zu weniger globaler Vernetzung und Zusammenarbeit aufrufen und die Bedeutung von Nationalstaaten und bilateralen Vereinbarungen betonen. Die Vereinten Nationen sind jedoch ein wichtiger Akteur des Multilateralismus. Wie sollten die Vereinten Nationen auf diese Stimmen reagieren und inwiefern muss die Organisation sich den aktuellen Begebenheiten anpassen, um relevant zu bleiben?

Es gibt nun einmal Probleme, die nicht bilateral gelöst werden können. Das sehen wir vor allem, wenn es um globale Güter geht, die sich alle Staaten teilen, z.B. die Umwelt. Ich denke, dass viele Regierungen auch so vernünftig sind, zu erkennen, dass diese Probleme nur multilateral angegangen werden können. Wenn sich große Mächte teils aus den UN zurückziehen, sollten die anderen Regierungen erst recht intensiver multilateral zusammenarbeiten, sodass jene „Aussteigern“ zu Outsidern werden und das auch in ihrer internationalen Zusammenarbeit merken.

Welches Problem sollten die Vereinten stärker in den Blick nehmen und wie kannst Du Dich über die DGVN dafür einsetzen?

Ein relativ selten angesprochenes Problem ist der Umgang mit dem VN-Personal. Damit meine ich, 
1) dass Praktikant*innen im VN-System bezahlt werden müssen, um eine Chancengleichheit zu gewährleisten, v.a. mit Blick auf ärmere Studierende und Entwicklungsländer. Hier gibt es kleine, wichtige Fortschritte dank einiger Initiativen!
2) dass der Schutz von Whistleblowern gestärkt wird. Da sich VN-Personal bei Personalstreitigkeiten/ungerechtfertigter Behandlung durch Vorgesetzte nicht an nationale Gerichte wenden kann, müssen unabhängige Instanzen eingesetzt werden. Die Situation hat sich seit Mitte der 2000er zwar gebessert, aber es ist noch ein langer Weg, bis bspw. weibliches UN-Personal sexuelle Belästigung meldet.

Die DGVN gibt Statements und Forderungen heraus, z.B. an das Auswärtige Amt. Gleichzeitig kann ich selbst dafür das Bewusstsein erhöhen, indem ich es auf Veranstaltungen anspreche oder bspw. hier darüber schreibe 😉

Warum ist es Dir wichtig, Dich im LV der DGVN zu engagieren?

Obwohl die UN weltweit aktiv sind und dabei eine sehr breite Palette an Themen – wie den Klimawandel, gewaltsame Konflikte oder den Schutz von Menschenrechten – bearbeiten, werden Sie in der breiten Bevölkerung nur wenig wahrgenommen. Durch mein Engagement im Landesverband möchte ich dies im Rahmen meiner Möglichkeiten ändern und zu mehr Wissen über bzw. Verständnis für die UN beitragen.

Um länderübergreifende Vorgänge und Entwicklungen, von denen in den meisten Fällen auch Deutschland betroffen ist, verstehen zu können, ist es notwendig, ihre innerstaatliche als auch internationale Dimension zu betrachten. Dafür möchte ich mich einbringen und genau hier bilden die UN eine, womöglich sogar die wichtigste, Schnittstelle. 

Persönlich bin ich besonders im Rahmen meines Studiums durch Seminare mit UN-Bezug und die Teilnahme an Simulationen von UN-Gremien (sog. MUNs) mit der UN in Kontakt gekommen und habe dabei viel über internationale politische Prozesse und Phänomene lernen können. Auch heute beschäftige ich mich als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovend regelmäßig mit dem UN-System.

Die Vereinten Nationen sind auch viel Kritik ausgesetzt, denn ihnen werden oft Handlungsunfähigkeit und zu viele bürokratische Hürden vorgeworfen. Warum denkst Du, sind die Vereinten Nationen dennoch wichtig in der heutigen Zeit?

Die Kritik an den UN sollte differenziert betrachtet werden. Natürlich gibt es an den Strukturen der Organisation (bspw. Sicherheitsrat) und ihrem bürokratischen Apparat (z.B. Fehlverhalten von UN-Personal) berechtigte Kritik. Gleichzeitig sollte jedoch berücksichtigt werden, dass sich die UN in den meisten Fällen nur soweit bewegen können, wie es die Mitgliedstaaten zulassen. Daher sollten stets beide Seiten kritisch betrachtet werden.

In Ergänzung dazu muss festgehalten werden, dass die UN mit ihrer globalen Reichweite und ihrem breiten Tätigkeitsfeld einzigartig sind. Auf der internationalen Ebene gibt es keine vergleichbare Alternative. Viele wichtige Prozesse laufen in den UN zusammen oder werden von Teilen des UN-Systems bearbeitet. Daher sind es nicht nur greifbare Ergebnisse, sondern auch das Führen von Dialogen und das Setzen von Zeichen mit einer hohen weltweiten Symbolkraft, die die Relevanz der UN ausmachen.     

Es gibt Stimmen, die zu weniger globaler Vernetzung und Zusammenarbeit aufrufen und die Bedeutung von Nationalstaaten und bilateralen Vereinbarungen betonen. Die Vereinten Nationen sind jedoch ein wichtiger Akteur des Multilateralismus. Wie sollten die Vereinten Nationen auf diese Stimmen reagieren und inwiefern muss die Organisation sich den aktuellen Begebenheiten anpassen, um relevant zu bleiben?

Internationale Vernetzung und Zusammenarbeit werden auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen, da es bestimmte Phänomene gibt, die einzelne Staaten aufgrund ihres grenzüberschreitenden Charakters nicht adäquat bearbeiten können. Der Klimawandel und seine Folgen, internationaler Terrorismus sowie gewaltsame Konflikte und ihre Auswirkungen sind Beispiele hierfür.  

Gleichwohl gibt es keinen Automatismus im Sinne von „je vernetzter, desto besser“. Damit ist gemeint, dass internationale Vernetzung und Zusammenarbeit nicht jedes Problem lösen können und zum Teil auch selbst Probleme verursachen. Somitgibt es durchaus eine Berechtigung für die Verfolgung einzelstaatlicher Interessen und bilaterale Abkommen etc. 

Die UN und ihre Mitgliedsstaaten sind hier gefordert, um einen Dialog mit allen Seiten zu führen und das richtige Maß aus Zusammenarbeit und Eigenständigkeit zu finden. Globale Transformationsprozesse werden früher oder später den Druck für Anpassungsprozesse in den UN und damit auch den Handlungsdruck erhöhen. Hierbei sollten die Weichen für die zukünftige Entwicklung der UN so gestellt werden, dass Herausforderungen frühzeitig erkannt und vergangene Fehler nicht wiederholt werden. Auch sollte ein realistisches Bild von dem, was die UN leisten können, gezeichnet und kommuniziert werden, um ihre Bedeutung für alle Beteiligten verständlich und transparent darstellen zu können.